Mai 2017 – Triest: Die bekannte Unbekannte

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Triest … wie oft sind wir schon an Triest vorbeigefahren, auf dem Weg nach Slowenien und Kroatien. Stets haben wir die Stadt links (bzw. rechts) liegengelassen. Nie in die Stadt hinein gesehen. Nach dieser Reise können Edith und ich nur sagen – das war ein Fehler! Triest war auf dieser Reise im Mai 2017 eine wirkliche Entdeckung für uns! Eine tolle Stadt!

5 Tage haben wir uns Zeit gegeben, diese für uns komplett neue Stadt zu entdecken, kennenzulernen, hinein zu schnuppern in die Atmosphäre und die Restaurants, Bars und Geschäfte von Triest und vor allem – die Menschen von Triest zu erfühlen.

Nach der Anfahrt über Salzburg, Villach, Udine erreichen wir Triest bereits am Nachmittag und nehmen unsere kleine Wohnung in der Altstadt, in der Via di Torrebianca im Borgo Teresiano in Besitz. Dabei lernen wir schon unseren ersten Begriff und unsere erste Lektion über Triest: Borgo Teresiano, das Viertel der Theresia, der österreichischen Kaiserin Maria Theresia, die Mitte des 18ten Jahrhunderts dieses Viertel aufbauen ließ. Aha, also haben die Österreicher hier wohl italienisch gelernt oder so J . Natürlich lernen wir Dank google sehr schnell und wissen nun, Triest gehörte von 1382 bis 1918 zu den Habsburgern, bzw. zu Österreich-Ungarn. Das sind immerhin mehr als 500 Jahre. Und auch nach 1918 war Triest noch lange nicht italienisch. Nach 1945 wurden die Stadt und ihr Hinterland vom damaligen Jugoslawien beansprucht (mit einem kleinen Intermezzo als Freies Territorium Triest) und unterstanden erst ab 1954 wieder italienischer Verwaltung. Die Frage ist: Wie viel Italien kann denn in einer Stadt stecken, die so lange fremdregiert wurde? Das werden wir in diesen 5 Tagen ganz genau herausfinden und dazu viele Spaziergänge unternehmen und so viele Bars wie möglich und Restaurants „testen“. Wir freuen uns schon darauf.

Für absolut neugierige und ungeduldige von euch hier schon mal ein kurzes Fazit vorab. Triest ist absolut italienisch und das auf eine äußerst sympathische Art. Essen, Bars, Geschäfte und vor allem die Menschen, denen wir begegnen, sind italienisch dominiert. Alles auf eine sehr entspannte und ruhige, lebenslustige, freundliche Weise. Touristen sehen wir in unseren 5 Tagen relativ wenige. Vermutlich fahren eben alle an Triest vorbei Richtung Süden 🙂 . Wir genießen die Tage hier und haben für uns schon beschlossen – wir kommen wieder!

Eine unserer liebgewordenen Gewohnheiten auf unseren Städtetrips ist der morgendliche Frühstückseinkauf, den Edith absolviert, während ich in der Wohnung italienischen Espresso brühe und alles vorbereite für unseren gemeinsamen Start in den Tag. Hier in Triest geht Edith dafür zu Fuß ein kleines Stück Richtung Canale Grande und Piazza del Ponterosso. Dort ist ein kleiner Markt, in dem es alles gibt, was das Frühstück gut macht. Zum Beispiel auch meine Erdbeeren, aber auch leckere Brötchen. Natürlich nutzt Edith diese kleinen Streifzüge am frühen Morgen auch immer um sich ein wenig umzusehen. Schuhgeschäfte? Restaurants für den Abend? Eine kleine Boutique mit Kindersachen? Und später am Tag sehen wir uns dann die Fundstücke gemeinsam an. La dolce vita… schöner kann das Leben nicht sein.

Einer unserer Spaziergänge durch die Stadt führt uns an der 1842 erbauten Chiesa Sant´ Antonio Nuovo vorbei, weiter Richtung Piazza Unita d´Italia und dem L´antico ghetto ebraico. Die Piazza Unita ist der Hauptplatz von Triest. Groß und beeindruckend verbindet er die Stadtteile Borgo Teresiano und Borgo Giuseppino, zwei Viertel von Triest, die beide eng mit der österreichischen Vergangenheit der Stadt verbunden sind. Zum Westen hin öffnet sich der Platz zum Meer hin, zu den anderen Seiten hin ist er von stattlichen Gebäuden mit klassischen Fassaden und vielen netten Restaurants und Cafes eingerahmt. Den heutigen Namen hat der Platz 1955 bekommen, nachdem Triest wieder an Italien angegliedert wurde. Im L´antico ghetto ebraico ist leider nicht mehr viel jüdisches erhalten geblieben. Die 1930er Jahre haben hier gründlich gewirkt. Es ist aber schön, hier am Westende der Piazza Unita und den umgebenden kleinen Gässchen entspannt zu spazieren, einen Cappucino zu trinken oder ein Eis zu essen.

Weiter führen uns unsere Wege nach Südosten durch kleine nette Sträßchen an Geschäften und Bars und Restaurants vorbei ins Viertel Cavana, zur Via Torino. Hier sieht man schon deutlich mehr Touristen, es ist einer der beliebtesten Bereiche der Stadt. Spritz in allen Variationen gibt es hier an jeder Ecke und wir kommen ganz selten daran vorbei 🙂 . Wenn man nur ein kleines Stück weiter nach Osten geht, kann man schon den Porto Lido mit seinem Leuchtturm sehen. Der Leuchtturm selbst ist nichts herausragendes, aber das öffentliche Bad am Porto Lido ist es. Hier baden seit ewigen Zeiten Frauen und Männer getrennt, auch heute noch. Der freundliche Badewärter lässt uns einen Blick ins sehr saubere und gepflegte Strandbad werfen – natürlich auch getrennt. Der Frauenteil scheint deutlich mehr bevölkert als der Männerteil. Der Badewärter meint dazu, die Frauen von Triest (und hier baden wohl fast ausschließlich italienische Besucher) schätzen die Ungestörtheit im Bad sehr, deshalb ist es so beliebt. Ein schönes Bad.

Auf dem Rückweg vom Porto zur Altstadt passieren wir ein ganz neues Eataly. Es hat erst seit Januar diesen Jahres geöffnet. Die Eatalys haben es uns angetan, es macht uns immer Spaß darin zu stöbern. Wäre der Restaurantteil nicht so voll, hätten wir auch gerne hier gegessen. Aber leider bekommen wir keinen Platz und können so die beeindruckend breite und unglaublich perfekt blank und gefährlich transparent geputzte Glasscheibe und den wunderbaren Blick auf den Hafen nicht genießen.

Nur ein kurzes Stückchen weiter kommt man zum Anlegesteg der Passagierboote, die von hier nach Muggia und Grado fahren. Auch hier gibt sich die Stadt so unglaublich entspannt, es ist absolut ansteckend. Wir stellen fest, wir könnten es hier gut 5 Wochen aushalten, nicht nur 5 Tage… Triest wirkt trotz seiner rund 200.000 Einwohner im Zentrum wirklich ruhig und beschaulich (wenn man die diversen derzeitigen Bau- und Renovierungstätigkeiten mal außer Acht lässt). Auch hier in der Nähe des Hafens spürt man keine Hektik. Dass Triest seit dem EU-Beitritt Sloweniens und der damit verbundene neuen Handelstätigkeiten stark aufblüht, tut der Stadt nur gut, es stört in keiner Weise. Übrigens, für alle Segler: Hier findet jährlich im Oktober die Barcolana statt, eine der weltgrößten Segelregatten, mit knapp 2000 teilnehmenden Booten. Die guten Winde, Bora, Mistral, Scirocco, die das Wasser vor Triest recht lebhaft machen können, machen es möglich. Nicht umsonst heißt Triest ja auch die Stadt der Winde.

Ein weiterer sehr schöner Spaziergang führt Edith und mich zur Piazza Guglielmo Oberdan und dann östlich zur Via Cesare Battisti und der Viale XX Settembre. Die Viale ist ein herrlicher Ort zum Bummeln, eine Fußgängerzone voller Lokale und Geschäfte, mit Schatten spendenden Bäumen und vielen alten Häusern links und rechts. Nicht weit davon entfernt befindet sich die Jüdische Synagoge in Triest. Ein großer Bau mit (wie überall, so leider auch hier nötig) vielen Überwachungskameras und freien Flächen vor und neben der Synagoge.

Von dort wenden wir uns Richtung Südosten. Zuerst queren wir den Corso Italia, dann sehen wir uns die verbliebenen Reste des Teatro Romano an und danach wandern wir den Hügel hinauf zur Cattedrale di San Giusto. Sie ist dem Schutzpatron der Stadt, dem Heiligen Justus, gewidmet. Der heutige Bau geht auf das 14te Jahrhundert zurück, aber bereits seit der Römerzeit und davor gab es hier, an diesem Platz mit seiner famosen Aussicht auf die Bucht von Triest und die Altstadt, Gebäude. Über eine schöne, von Bäumen eingerahmte Straße gehen wir hügelabwärts zurück in die Stadt, durchqueren dabei einen Kindergarten und landen dann wieder in der Via Torino, dem ehemaligen Rotlichtviertel der Stadt und heute seinem am meisten bekannten Ausgehbezirk. Dort essen wir diesmal auch zu Abend und natürlich gönnen wir uns auf dem Rückweg zu unserer Wohnung noch einen Spritz Bianco und eine Kugel Eis 🙂 , Sorte ´Apfelstrudel´!

Wir genießen diese Stadt. Das italienische Flair mit einem Schuss Überbleibsel der Österreicher. Ganz entspannt geht man hier von der Pizza zum Kaffee Meinl und von der italienischen Eisdiele zur Sorte ´Apfelstrudel´. Einfach schön. So habe ich mir Triest nie vorgestellt. Edith hat schon viele Jahre früher mal ganz kurz hineingeschnuppert in diese Stadt, die ich immer links liegen ließ und war damals auch sehr überrascht. Dieses Mal erobern wir Triest für uns gemeinsam. Eine Stadt, in der es sich gut aushalten lässt.

An unserem letzten Tag vor der Rückreise nutzen wir die Passagierfähre Delfino Verde von der Stazione Marittima und fahren hinüber nach Muggia. Das dauert nur etwa eine halbe Stunde und schon landen wir im letzten italienischen Städtchen vor der slowenischen Grenze. Muggia ist wirklich winzig, aber nett, beschaulich und irgendwie sehr angenehm heimelig. Wir essen hier in einem kleinen Cafe zu Mittag, Bummeln ziellos Hand in Hand durch die engen Gässchen und genießen die Zeit und dann geht es auch schon wieder zurück nach Triest. Ein schöner, lohnender Ausflug und ein schöner Tag.

Wir sind richtig traurig, als es am nächsten Morgen wieder zurück geht nach München. Aber – Triest ist ja nicht weit weg. Und Triest, wir kommen ganz bestimmt wieder!

8 Gedanken zu „Mai 2017 – Triest: Die bekannte Unbekannte

  1. Ihr Lieben!
    Wirklich eine gelungene Hommage an eine unserer Lieblingsstädte!! Vielleicht ganz gut, dass so viele Menschen daran vorbei fahren…und die schönen sprechenden Fotos! Mille Grazie…auch wir werden bald zurückkehren.

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    • Liebe Micha, wir sollten das mal zusammen machen. Triest bummelnd am Abend durchstreifen. Danke für Deinen herzlichen Kommentar. Alles liebe!

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  2. Eine schöne Reportage über dieser Stadt, Heimat unserer Familie väterlicherseits. Im übrigen gilt in Italien das Motto „Francia o Spagna, basta che se magna!“ Frei übersetzt: Egal wer uns regiert, ob Franzosen oder Spanier, hauptsache es gibt was zum Essen!

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  3. Vielen Dank für den interessanten Artikel mit den wunderschönen Photos. Wir sind auch daran vorbei gefahren, auf dem Weg nach Kroatien. Das nächste Mal ist ein STOP garantiert angesagt. Liebe Grüße an Euch von Eva

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